Erbrecht Rechtsbeiträge
Warum testieren?
von Rechtsanwältin Gabriela Althoff
Viele schrecken vor einer klaren Regelung der Erbfolge zurück. Es gibt eigentlich nur zwei Fälle, in denen auf ein Testament verzichtet werden kann:
- Das Vermögen wird zum Zeitpunkt des Erbfalls mit Sicherheit überschuldet sein.
- Es erbt auch bei gesetzlicher Erbfolge nur diejenige Person, die man in einem Testament als Alleinerbe eingesetzt hätte und - weitere Voraussetzung - es sind keine (sonstigen) Pflichtteilsberechtigten vorhanden.
In allen anderen Fällen ist es unverantwortlich, keine Verfügung von Todes wegen (= Oberbegriff von Testament und Erbvertrag, vgl. § 1937 BGB) zu errichten. Nötig ist ein Testament insbesondere
- für Ehegatten oder
- wenn zum Nachlass ein Unternehmen gehört, das vererbt werden soll.
Ehegatten brauchen immer ein Testament: Haben sie keine Kinder, sind die Eltern oder Geschwister des verstorbenen Ehegatten bei gesetzlicher Erbfolge Miterben zu 1/4 bzw. zu 1/2. Das ist meist nicht erwünscht; wenn aber doch, sollte man es ausdrücklich klarstellen. Sind Kinder vorhanden, muss der überlebende Ehegatte vor Ansprüchen und Mitwirkungsrechten seiner Kinder geschützt werden. Testament außerdem für Unternehmer erforderlich. Ohne Testament entstehende Erbengemeinschaften mit den unterschiedlichen Interessen der Miterben (Gewinnausschüttung oder Investition?) sind häufig der Anfang vom Ende des Unternehmens.
Was ist bei der Gestaltung eines Testament /Erbvertrages zu beachten?
Bei jeder Gestaltung muss wegen evtl. Pflichtteilsansprüche die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt werden.
Gesetzliche Erben sind die Verwandten (Legaldefinition § 1589) und der überlebende Ehegatte (§ 1931). Geerbt wird nach Ordnungen (§ 1922 ff). Ein Verwandter ist nicht zur Erbschaft berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, auch wenn diesem nur ein Ersatzanspruch zusteht (§ 1930). Adoptierte Kinder haben die gleichen Rechte wie eheliche Kinder, § 1754. Nichteheliche Kinder werden wie eheliche behandelt ( Erbfall nach 31.12.98 )
Eigenhändiges oder öffentliches Testament?
Das eigenhändige Testament muss von dem Erblasser selbst ge- und unterschrieben sein. Der Erblasser soll seinen Vornamen sowie Ort und Zeit der Niederschrift angeben, § 2247. Das öffentliche Testament ist zur Niederschrift eines Notars zu errichten, § 2232. Es kann den Erbschein für Grundbuchamt und Handelsregister ersetzen, vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO. Das öffentliche Testament „soll“ in die „besondere amtliche Verwahrung“ gebracht werden, § 34 Abs. 1 Satz 4 BeUrkG. Das eigenhändige ist auf Verlangen des Erblassers ebenfalls in besondere amtliche Verwahrung zu nehmen, § 2248. Erblasser kann sich durch einen Anwalt vertreten lassen.
Gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament kann von Ehegatten errichtet werden, § 2265. Aus-weg für Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft: Erbvertrag. Wechselbezügliche Verfügungen eines Ehegatten können nur unter erschwerten Voraussetzungen widerrufen werden. Noch stärker bindet allerdings der Ehevertrag .Der überlebende Ehe-gatte kann aber u.a. bei Wiederverheiratung seine Verfügungen mit der Folge anfechten, dass auch die wechselbezüglichen Verfügungen des Partners bzw. der ganze Erbvertrag unwirksam werden.
Berliner Testament
Das Berliner Testament ist die häufigste Art des gemeinschaftlichen Testaments. Vorsicht: Steuervorteil des § 15 Abs. 3 ErbStG nur, wenn Inhalt des Testaments nach Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht geändert wurde . Gegenstück zum Berliner Testament: Vor- und Nacherbschaft. Unentgeltliche Verfügungen des Vorerben über Nachlassgegenstände sind gegenüber Nacherben unwirksam, auch wenn Vorerbe von allen Beschränkungen befreit ist, vgl. §§ 2136, 2113 Abs. 2. Auch gemischte Schenkungen sind unentgeltliche Verfügungen i.S.d. § 2113 Abs. 2!
Was regelt der Erbvertrag?
Der Erbvertrag ist eine gegenseitige Bindung, die allerdings nur vereinbart werden kann für
- Erbeinsetzungen
- Vermächtnisse und
- Auflagen
Unter Lebenden darf der Erblasser aber trotz des Erbvertrags frei verfügen, § 2286. Ausnahme: beeinträchtigende Schenkungen, § 2287. Diese Ausnahme gilt auch für gemeinschaftliche Testamente.
Form: notarielle Beurkundung
Der Erblasser muss eine natürliche Person, der Vertragspartner kann auch eine juristische sein (anders: gemeinschaftliches Testament: nur Ehegatten, § 2265).
Erbeinsetzung
Sie ist Kernstück eines jeden Testaments, darf nie fehlen und muss eindeutig sein. Erbeinsetzung nur nach Quoten, nicht nach Gegenständen Also kein „Verteilertestament“, das Anordnungen zur Verteilung des Nachlasses enthält, aber nicht eindeutig bestimmt, wer Erbe und wer Vermächtnisnehmer ist. Grund: der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeit. Neben dem Erben sollte immer ein Ersatzerbe bestimmt werden. Erbe kann vorversterben oder ausschlagen. Den Erben darf nur der Erblasser selbst bestimmen. Die Bestimmung von Vermächtnisnehmern kann der Erblasser hingegen auch Dritten überlassen.
Was ist ein Vermächtnis?
Mit dem Vermächtnis wendet der Erblasser einem anderen das Recht auf einen Vermögensgegenstand zu, ohne ihn als Erben einzusetzen. Der Vermächtnisnehmer hat dann gegen den „Beschwerten“ (= Erben oder einen anderen Vermächtnisnehmer) einen Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes.
Wozu Testamentsvollstreckung?
- Die Testamentvollstreckung dient der Durchsetzung des Erblasserwillens hinsichtlich Verwaltung und Verteilung des Nachlasses
- Der Testamentvollstrecker darf verfügen, die Erben sind in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt
- Der Testamentvollstrecker kann eine angemessenen Vergütung verlangen. Als Testamentvollstrecker werden häufig u.a. auch Anwälte eingesetzt.
- Die „„angemessene Vergütung“ des Testamentsvollstreckers beträgt nach der „Möhringschen Tabelle“ zwischen 7,5 % bei kleinen und 2,8 % bei größeren Nachlässen. Im Ergebnis ist die Testamentsvollstreckung zwar nicht billig. Ein jahrelanger Erbstreit, der durch die Testamentsvollstreckung vermieden wird, kostet aber erheblich mehr.
Erb- und Pflichtteilsverzicht
Meistens ist der Pflichtteilsverzicht sachgerechter als der Erbverzicht. Beim Pflichtteils-verzicht bleibt der Verzichtende gesetzlicher Erbe mit der Folge, dass sich die gesetzli-chen Erbteile und damit die Pflichtteile anderer Pflichtteilsberechtigter nicht erhöhen. Unterscheide zwischen allgemeinem Pflichtteilsverzicht und „gegenständlich beschränktem Pflichtteilsverzicht“. Beide spielen bei der „vorweggenommenen Erbfolge“ eine große Rolle:
Teilungsanordnung
Gem. § 2048 BGB kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben treffen (Teilungsanordnung). Erhält ein Erbe wertmäßig mehr, als seinem Miterbenanteil entspricht, muss er den Mehrempfang ausgleichen. Das ein wichtiger Unterschied zum Vorausvermächtnis, der sich auch auf die Erbschaftsteuer auswirkt: Beim Vorausvermächtnis versteuert der Bedachte den erhaltenen Gegenstand mit dessen Steuerwert. Bei der Teilungsanordnung hat der Miterbe hingegen die auf ihn entfallende Quote des gesamten Nachlasses zu versteuern.
Warum amtliche Verwahrung?
Auf jeden Fall bietet sich die amtliche Verwahrung auch für eigenhändige Testamente an. ("besondere amtliche Verwahrung" §§ 2248, 2258 BGB ) Das Testament geht dann nicht verloren; außerdem verständigt das Nachlassgericht von Amts wegen umgehend alle Beteiligten, wenn der Erbfall eingetreten ist. Die Kosten sind gering. Sie betragen beispielsweise bei einem angegebenen Nachlasswert von ca. 500.000,-- Euro. nur einmalig ca. 205,80 Euro
Zweckmäßig ist es, dass der Erblasser einer Vertrauensperson (Ehegatten) eine "Vollmacht über den Tod hinaus" oder eine "Vollmacht auf den Todesfall" erteilt. Der Bevollmächtigte kann dann den Nachlass bis zur Annahme der Erbschaft oder rechtskräftigen Feststellung der Erben verwalten.
Zum Schluss: Anpassung an veränderte Umstände
Alle fünf Jahre sollte überprüft werden, ob das Testament noch den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten entspricht.
Diese Darstellung soll Ihnen nur einen Überblick über die wichtigsten erbrechtlichen Bergriffe verschaffen. Es kann an dieser Stelle nicht vollständig auf alle Probleme der Gestaltung der Vermögensnachfolge eingegangen werden .